Giftmord

 

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Im Rahmen meiner Familienforschung erhielt ich 1987 von dem Standesamt in Uerdingen (jetzt Krefeld-Uerdingen) eine beglaubigte Ablichtung der Heiratsurkunde meiner Urgroßeltern (Ahnenziffer 34.6 und 35.6 in der AL der Geschwister Höffgen). Mein Urgroßvater, der mir nur als Johann Arnold Lankermann bekannt war, erscheint hier mit dem Zusatz: früher Thuis. Als Eltern erscheinen in der Heiratsurkunde der Wirth Johann Heinrich Thuis und Giesberta Antonia geborene Lankermann (Ahnenziffer 68.7 und 69.7 der AL). Die Familie lebte in Zevenaar/NL, wo auch mein Urgroßvater geboren ist.

Aus diesem Sachverhalt musste ich entnehmen, dass mein Urgroßvater seinen Geschlechtsnamen von Thuis (Aussprache "töis"; mundartlich "tüss") in Lankermann geändert hat. Er hatte also den Namen der Mutter angenommen.

Ich erhielt später (auf Anforderung) die Geburtsurkunde meines Urgroßvaters.

Diese Urkunde enthält einen Randvermerk der sinngemäß lautet: Bei Königlichem Erlass vom 1. Dezember 1878 Nummer 13 eingetragen im laufenden Register dieser Gemeinde von diesem Jahr unter Nummer 31 ist dem in nebenstehender Urkunde erwähnten Kinde die Erlaubnis verliehen, seinen Geschlechtsnamen Thuis in Lankerman zu ändern (Lankerman nur mit einem n).

Zevenaar den 13. März 1879 Der Bürgermeister, Beamter des Standesamtes der Gemeinde Zevenaar 

gez. Unterschrift

Die Frage war nun: Warum ist diese Namensänderung geschehen? Diese Frage richtete ich an das Streekarchivariaat de Liemers en Doesburg in NL-6900 AA Zevenaar. Der Archivar schrieb mir, er hätte diese Angelegenheit lieber auf sich beruhen lassen, aber da ich ausdrücklich um Kenntnisnahme der Gründe gebeten habe, wolle er mir diese nicht länger verschweigen und verwies dabei auf einen Artikel, den er als Fotokopie übersandte. Der Artikel erschien in Holländisch und wurde von mir übersetzt und später von dem Archivar Korrektur gelesen.

Dieser Artikel erschien in „ ARCHIEF ", Jahrbuch der „ Oudheidkundige Vereniging De Graafschap", 1975 auf den Seiten 96 bis 102.

Hier nun die Übersetzung:

Der Giftmord in Zevenaar, vorgefallen in dem Jahre 1874 

von J. W. van Petersen aus Warnsveld

Es ist Arznei, nicht Gift, was ich dir reiche

(Lessing, Nathan der Weise)

In dem Städtchen Zevenaar bestanden in der Vergangenheit verschiedene Gasthäuser, wovon das auf der Ecke der Grietsche- und Didamschestraße gelegene  "  Hof van Berlijn "  wohl eines der Bedeutendsten war. Nachdem 1853 der Wirt dieser Einrichtung gestorben war, übernahm 1857 ein Verwandter gleichen Namens Johannes Hendricus Thuis das Geschäft. Er wurde am 28. März 1829 in Didam geboren wo er auch 1857 heiratete mit der am 24. November 1833 (richtig: 14.11.1832) in Elten geborenen Giesberta Antonia Lankerman. 1858 wurde ihr erstes Kind, ein Mädchen geboren. Danach folgten noch sieben Kinder, wovon die letzten fünf jedoch kurz nach der Geburt starben.

Grietschestraße Ecke Didamschestraße in Zevenaar/NL

Hotel " Hof van Berlijn " um 1903

Johannes Hendricus Thuis

(Ahnenziffer 68.7)

betrieb dieses Hotel

von 1857 bis 1876.

Das Haus wurde im 2. Weltkrieg

(Anfang April 1945)

zerstört

So sieht die

Grietschestraße

Ecke

Didamschestraße

in Zevenaar/NL

heute

22.05.2002 (Mittwoch)

aus.

Einen guten Ruf genoss Thuis, der außer Wirt, auch Händler mit Steinkohlen und Viehfutter, sowie ein Bauunternehmer war, bestimmt nicht. Überhaupt hielt man ihn im allgemeinen für einen unehrlichen Mann. Auch wurde erzählt, dass er in Didam ein bei seinen Eltern wohnendes Mädchen verführt und sitzengelassen habe.

Giesberta, im Umgang stets Bartje genannt, war durch ihre auffallende breite und platte Nase keine Schönheit. Ihr Mann war offenbar an einem bösen Tag auch zu dieser Einsicht gekommen. Er begann zuerst ein Verhältnis mit der bei ihm wohnenden Schwägerin und danach hatte er auch ein Auge mit Wohlgefallen ruhen lassen auf die Freundin seiner ältesten Tochter, Leentje van Ditshuizen, deren Vater eine Schmiede in der Grietschestraße hatte. Leentje gefiel es wohl von Thuis umworben zu werden und es dauerte auch nicht lange, bis der größte Teil der Stadt es wusste. Was auch kein Wunder war, wenn man bedenkt, dass sie mitunter Hand in Hand durch die Straßen gingen. Außerdem hatte man sie mehrere Male zusammen auf der Diele der Schmiede gesehen. Was man in Zevenaar damals noch nicht wusste, was später ans Licht kam, sie hatten auch eine Nacht in einem Hotel in `s-Hertogenbosch miteinander verbracht.

Anfang April 1874 waren die beiden zusammen mit einer Bekannten, Catharina Reinders genannt, in Huissen gewesen. Letztgenannte hatte anfänglich nicht soviel Lust gehabt mitzugehen, aber sie ließ sich schließlich überreden, als Leentje ihr einen Brief zeigte, worin der Passus vorkam (Zitat)` was Cateau Reinders betrifft, da hab ich nichts dagegen dass sie uns begleitet, Ihr Diener und Freund Thuis (Zitatende). Es fiel ihr bei dieser Gelegenheit auf, das beide sehr familiär miteinander waren, ja selbst dass Thuis stets Leentjes Hand festhielt. Weil Catharina schwer hörte, hatte sie nicht alles verstanden worüber die beiden sprachen, aber abends auf dem Heimweg hörte sie Leentje fragen, was er nun wohl seiner Frau Bartje sagen würde?

Worauf Thuis zur Antwort gab: Dann sag ich, dass ich in Westervoort gewesen bin, wo die Kiesschiffer mich aufgehalten haben.

Zu dieser Zeit des Ausfluges war Bartje eigentlich schon krank. Langsam aber sicher hatte sich ihr Leiden, was es denn auch sein mochte, verschlimmert. Die Symptome waren heftige Leibschmerzen, Verlust des Geschmacks und unnormaler Durst. Ihr Mann erklärte stets jedem gegenüber der es hören wollte." ach sie hat einen Stein (Ziegel-Mühlenstein) im Leib und sie wird nicht genesen." Und er schien sich mit diesem unvermeidlichen Geschick bereits dermaßen abgefunden, dass er beim Schuhmacher das Gespräch auf Leentje van Ditshuizen brachte und sagte: „Ich spreche hin und wieder mit ihr, das wäre für mich nicht die Verkehrte, Geld hat sie zwar nicht, aber wer Geld hat, will mich auch nicht haben."

Am 6. Mai besuchte Nachbar Lamers sie, nachdem er dazu von Thuis gebeten wurde, mit den Worten „ es geht mit Bartje sehr schlecht, willst du sie nicht noch einmal sehen?" Er bekam von Bartje zu hören „ was ich im Leib habe weiß ich nicht."

Bis dahin war sie in Behandlung bei dem Eltener Arzt Dr. Uhlenbroek gewesen, aber da sich nun der Zustand stets verschlechterte, fing sie an zu überlegen, die Hilfe eines zweiten Arztes anzurufen. Thuis urteilte anders und ging noch den selben Abend zu dem Pastor Rikmanspoel mit dem Ersuchen, dass dieser seiner Frau die Sakramente gebe. Auf die Nachfrage des Pastors, ob es ihr so schlecht ginge, dass es nicht bis zum Morgen warten könne, antwortete Thuis, dass er sehr schwarzsehe, weil seine Frau vor vier Jahren an der gleichen Krankheit litt und ihr Arzt damals auch schon wenig Hoffnung hatte. Zwar hatte sie den Tag noch mit ihrer Schwester auf dem Sofa gesessen aber sie hatte sich die letzten Tage erbrechen müssen und kaum mehr das Essen angefasst. Wohl hatte sie außerordentlich viel Durst und trank sehr viel, meistens Wasser mit Zucker und Limonade. An diesem Morgen hatte eines der Dienstmädchen ihr noch eine gut gezuckerte Weinsuppe bereitet, sie behauptete dass diese durch Mangel an Zucker sauer schmecke und süßte eine große Menge nach, um sie nach ein paar Löffel trotzdem stehen zu lassen…` In der darauf folgenden Nacht starb sie. Jeder war bestürzt über diesen Zwischenfall und am meisten war ihr Arzt erschrocken, nein, betroffen von diesem schlagartigen Sterbefall.

So genannte "Erklärung der Todesursache", abgegeben durch Dr. Uhlenbroek zu Elten

N. 35

Jufrouw Thuis te Zevenaar is in gevolge eener beroerte

(apoplexia cordis) overleden

Elten den 7. Mei 1874

gez. Unterschrift

Es kam für Thuis unterdessen besonders Ungelegen, dass seine Frau erst nach Mitternacht das Zeitliche gesegnet hatte und zwar deshalb, weil das Begräbnis dann ausgerechnet auf Montag fallen würde. Und er wollte den Tag sein Geschäft nicht schließen, wegen des Viehmarktes. Darum gab er bei dem Bürgermeister an, der auch Standesbeamter war, dass die Leidende am Mittwoch 6. Mai des abends um 11.00 Uhr gestorben sei. Auch mahnte er Zimmermann Lamers an, der mit der Anfertigung des Sarges beauftragt war, sich damit zu beeilen. Lamers hatte, wie (zu dieser Zeit) üblich, selbst die Leiche im Sarg aufgebahrt, wobei ihm auffiel, dass die Leiche viel stärker als zu Lebzeiten aufgeschwollen war. Um dieses weniger ins Auge fallen zu lassen, hatte er auf die Oberbeine und unter den Bauch Stroh gelegt, worüber ein Leichentuch gedeckt wurde. Das Begräbnis fand statt am Morgen des 9. Mai 1874 auf dem R. K. Friedhof in Zevenaar.

Schon einen Tag nach der Beerdigung sprach Thuis mit Meister Lamers über seine Hochzeit mit Leentje. Der Zimmermann rief erstaunt, nun schon? Und er wies auf die Bedenken bei solch einer Hochzeit hin, weil das Mädchen viel zu jung sei, nicht für sein Geschäft geeignet und ohne Vermögen sei. Thuis jedoch erklärte ihm, sich nichts anderes zu wünschen als sie zu heiraten. In der Tat hat er sich während der Emmerichschen Kirmes mit ihr verlobt und hat dann am 23. September im selben Jahr 1874 mit Leentje geheiratet.

Es machten schon damals Gerüchte die Runde das Bartje keines natürlichen Todes gestorben sei. Es schien aber keinen ausreichenden Grund für eine gerichtliche Untersuchung zu geben.

Am 20. Juni 1875 wurde das erste und einzige Kind aus dieser Ehe geboren. Es war eine Tochter die den Namen Gijsberta Margaretha bekam. Die bösen Gerüchte hielten an und erreichten einen Höhepunkt als Thuis an einem Maitage im Jahre 1876 in einen heftigen Streit mit einem Arbeiter geriet und durch diesen in der Öffentlichkeit als Mörder an seiner Frau beschuldigt wurde. Am 1. Juni wurde von dem Untersuchungsrichter eine Prüfung eingeleitet, wobei verschiedene Zeugen angehört wurden.

Dabei kam ans Licht, dass Thuis, der angab Ärger mit Ratten und mit den Hühnern der Nachbarn zu haben, am 13. April 1874 von Lamers Rattengift aus Arnhem hatte mitbringen lassen und zwar in Form einer Paste, um genau zu sein mit Schmalz gemischt. Gemäß Lamers hatte Thuis ihm später gesagt, dass dieses Mittel nicht stark genug sei und hat ihn gefragt, ob er ihm Rattengift in Puderform besorge, worauf er, Lamers, in der Tat am 4. Mai bei dem Apotheker Houwing 10 Gramm Arsenicum geholt hatte. Am Abend wartete Thuis im Flur seiner Wohnung und fing ihn (Lamers) ab und flüsterte, hast du es ? Worauf er Thuis das Rattengift überreichte. Die Lieferung von diesem Arsenicum wurde jedoch von Thuis hartnäckig verneint. Zur Zeit der Voruntersuchung hatte er selbst, wie sich später zeigte, mit einem der Zeugen, seinem damaligen Knecht Reinders, ein Treffen in Arnhem arrangiert, wobei er diesen angewiesen hatte, vor dem Richter zu erklären dass Lamers ihm Thuis, nur einmal Rattengift besorgt habe. Dazu hatte er dem Knecht einen Zettel in die Hände gegeben mit dem Text `Lamers einmal in Arnhem geholt und in Knödelchen in den Garten und auf den Dachboden gelegt`.

Der genannte Zeuge hatte damals in der Tat eine solche Erklärung abgegeben, aber bei einem näheren Verhör doch die Wahrheit gesagt und bezeugt, dass ihm von dem Gift gegen Ratten während seines Dienstes bei Thuis nichts bekannt sei. Die Geschichte über die Ratten war ziemlich unwahrscheinlich, vor allem weil der ein oder andere erklärte wenig bis nichts von diesem Ungeziefer bemerkt zu haben und er Thuis, auch nicht darüber geklagt habe. Die Gäste hätten wohl mal Geräusche auf dem Dachboden gehört, aber das konnten auch Katzen oder Mäuse gewesen sein. Ein Knecht, der vor allem im Sommer viel auf dem Dachboden war, um Getreide oder Rübenkekse zu bergen hatte dort nie Ratten, selbst keinen Kot davon gesehen.

Thuis wollte glaubwürdig machen, dass er aus der Paste Kugeln gedreht habe, die er im folgenden in den Garten geworfen und auf den Dachboden gelegt hatte, an deren Folgen dann auch zwei seiner Katzen gestorben seien.

Schließlich erwies es sich, dass Thuis immer in Fett gebratene Korken als Mittel gegen Ratten propagiert hatte.

Indem die Zeugenverhöre weitergingen, hörte man in Zevenaar immer öfter den Wunsch, den Leichnam der Wirtin ausgraben zu lassen, wogegen sich Thuis mit erstaunlicher Heftigkeit wehrte. Ohne zu wissen, wie er sich verhalten solle gegen den Verdacht, seine Frau vergiftet zu haben, begann er links und rechts um Rat zu fragen. So besuchte er unter anderem den Bürgermeister, den Gemeindeamtsarzt und den Pastoren. Der Bürgermeister riet ihm sofort, die Leiche ausgraben zu lassen. Wenn dabei kein Gift gefunden würde, dann wären alles Lügen gewesen. Auf die Frage von Thuis `wenn dann doch Gift gefunden wird `antwortete der Bürgermeister, dass dann der Verdacht zwar verstärkt würde, obwohl noch kein Beweis bestünde, dass er (Thuis) dieses verabreicht habe. Thuis war dann auf die Idee gekommen, dass vielleicht der Arzt das Gift verabreicht hätte, was dem Bürgermeister Anlass zu der Bemerkung gab, dass die Rezepte aufbewahrt würden und solches leicht nachzuvollziehen sei. Der Gemeindeamtsarzt Dr. Honig riet in gleichem Sinne. Auf die Frage, ob die notwendige Untersuchung nicht anders als durch Obduktion geschehen könne, antwortete der Arzt verneinend, worauf Thuis erklärte `wenn sie Gift finden, dann können sie doch nicht beweisen dass ich es getan habe. Gleichzeitig ließ er im Laufe dieses Gespräches durchschimmern, dass es in diesem Fall auch möglich sei, dass Lamers das Gift verabreicht habe. Auch der Pastor versuchte ihn von der Notwendigkeit einer Ausgrabung zu überzeugen, dieses sei die einzige Chance, die Wahrheit an das Licht zu bringen. Die Antwort darauf von Thuis war:` Wenn sie nun doch etwas finden, dann kann sich der Apotheker in Elten versehen haben.` Ungeachtet der Anmerkung des Pastors, das er, wenn er unschuldig sei, alles ruhig abwarten könne, verblieb Thuis in einem sehr gehetzten Zustand und rief immer wieder `wenn sie nun was finden, wenn sie nun was finden.

Um im schlimmsten Falle abgesichert zu sein, begann Thuis das Gerücht zu verbreiten, dass Lamers während der Bestattung gesagt habe, ich habe sie doch beseitigt.

Am 3. Juni 1876 war Thuis mit einem gewissen Frederiks zu Besuch bei einem gemeinsamen Bekannten. Frederiks hatte dann gesehen das in einem gewissen Augenblick der Sohn von Thuis, der Franz hieß, angelaufen kam. Thuis war aufgesprungen mit dem Ausruf `Was soll das nun sein` und hinaus gelaufen, nachdem er mit seinem Sohn gesprochen hatte, wieder hereinkam und in einem höchst nervösen und gejagtem Zustand ausrief: `die Frau wird ausgegraben, ganz Zevenaar steht auf dem Kirchhof, was ein Ding, was ein Ding`. Danach hatte er gerufen, dass wenn Gift gefunden würde, Lamers es getan haben müsse. Um sechs Uhr war Frederiks noch einmal bei Thuis gewesen, den er weinend und in einem Zustand angetroffen hatte, wie er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Ein anderer Besucher, der ebenfalls an dem Abend bei ihm zu Hause war, erklärte später das er sich in höchst aufgeregtem Zustand befand, immer klagend und rufend,` das ist mir nun ein Zustand` und das geht nicht gut`.

Die Ausgrabung hatte an jenem Tag stattgefunden in Gegenwart des Untersuchungsrichters beim Arrondissementsgericht in Arnhem und des stellvertretenden Untersuchungsrichters und zweier Ärzte.

Von der Witwe Van der Heide, die die Leiche damals eingebettet hatte, wurden das Grab und der Ort angewiesen worauf ein Rosenstrauch stand, den sie selbst dort kurz nach dem Begräbnis gepflanzt hatte. Nach Öffnung des Grabes und des Sarges erklärte sie, dass die vorhandenen stofflichen Reste in der Tat von Bartje Thuis seien müsste," zu erkennen an der weißen Haube und dem Rosenkranz. Körperliche Merkmale, das noch vorhandene Stroh, sowie das Leichenhemd mit den Initialen G.A.L.6 gaben ihr gleichfalls die Sicherheit. 

Danach entfernten die Sachverständigen einige Teile des Leichnams und dessen Umgebung, die sie in eine Flasche und eine Anzahl von Gläsern taten, die darauf zur Höheren Bürger Schule (Oberschule) von Arnhem überbracht wurden, wo sie genau untersucht wurden.

Die darauf folgenden Tage müssen für Thuis nervenaufreibend gewesen sein. Er tat denn auch nichts anderes als einen jeden, von dem er dachte, er könne etwas wissen, fragen ob man noch nichts von der Untersuchung gehört habe, worauf er eine verneinende Antwort bekam. Da inzwischen ein paar Tage verstrichen waren schien Thuis der Sache weniger düster einzusehen, was sich in seinen Bemerkungen zeigte `ich glaube nicht, dass sie nun mehr etwas bei meiner Frau finden: weil es schon zu lange her ist, sonst hätten sie schon etwas gefunden` und " hast du es auch gehört? Man hat nichts gefunden`. Schließlich fühlte er sich noch sicher durch die Anmerkung des Postboten Van Aalst, dass im letzten Winter Hochwasser gewesen sei, wodurch das Gift wohl aus der Leiche geschwemmt sein solle.

Doch ergab die Untersuchung ganz entschieden ein positives Ergebnis. Allein der Magen und die Leber des Opfers enthielten gut ein Gramm Rattengift oder Arsentrioxide, eine Menge, die in sich selbst bereits mehr als fünfmal ausreichte um einen Menschen zu töten ! Es bestand nun kein Zweifel mehr, dass die Todesursache der Verstorbenen Arsenvergiftung gewesen war.

Am 10. Juni wurde Thuis verhaftet. Die Arnhemsche Zeitung berichtet ein paar Tage später wie folgt darüber:

Die Verhaftung musste sehr überlegt geschehen, da der Verdächtige in unmittelbarer Nähe zur Grenze wohnte und dadurch sehr leicht jedenfalls für den Augenblick entfliehen konnte. Der Brigadier- Major der Gendarmerie W. J. J. Kleinspoor, ist dann auch mit sehr großer Umsicht zu werke gegangen. Nachdem er seine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte, begab er sich als Bürger gekleidet in die Herberge von Thuis und bestellte dort ein Glas Bier. Der Gastwirt, der die Nachricht, die in den Zeitungen vorkam, vielleicht gelesen hatte und sich außerhalb der Wirtsstube aufhielt, kam jedoch mit Neugierde, um den fremden Besucher zu sehen, zum Vorschein und wurde von dem Brigadier- Major auf der Stelle verhaftet. Eine Flucht oder Gegenwehr war nun nicht mehr möglich, noch am selben Abend wurde er hierher ins Untersuchungsgefängnis überführt. Das umsichtige Handeln des Beamten, der die Verhaftung vornahm, verdient allen Lob`. 

Die Untersuchung wurde sehr ausführlich geführt, so dass die Zeitungen Mitte Juli melden konnten dass damals schon mehr als einhundert Zeugen gehört worden seien. Trotz immer mehr aufhäufender Beweise blieb der Verdächtige halsstarrig leugnend. Am 13. Januar 1877 wurde mit der öffentlichen Verhandlung in der Strafsache begonnen. Da in überwältigender Weise ein sehr großes Interesse der Öffentlichkeit an diesem Fall bestand, war es notwendig und erforderlich, dass Militär aus der Garnison als Ordnungskräfte in und um das Gerichtsgebäude eingesetzt wurde. Die wichtigsten Fakten die bei dieser Verhandlung, wobei Lamers als Hauptzeuge auftrat und ans Licht kamen, sind hier oben bereits mitgeteilt. Auf Grund des sehr reichlichen Belastungsmaterials kam das Gericht zu der Überzeugung und erachtete es als erwiesen, dass Thuis seine Frau " mit der Absicht ihr das Leben zu nehmen vorsätzlich eine Menge Rattengift gegeben habe". Wie das ganze genau geschehen ist, ist nie ans Licht gekommen. Möglicherweise vermengte Thuis das Arsenicum mit dem Inhalt des Zuckertopfes der, da seine Frau sehr viel Zucker brauchte, immer griffbereit stand. Auch kann es sein, dass das Gift mit dem Pulver vermengt wurde. Auf jeden Fall war Thuis, wenn er nicht selbst anwesend war, " auf die stets pünktliche Einnahme bedacht". Wobei er sorgte, dass er " stets persönlich anwesend war`...

Am 23. Januar 1877 wurde Johannes Hendricus Thuis zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil hat er bei dem Hohen Rat Berufung eingelegt, jedoch ohne Ergebnis. Inzwischen hatte er, einem Bericht der Zutpensche Zeitung vom 19. März 1877 zufolge, versucht einen Zettel aus dem Gefängnis zu schmuggeln, worin er seiner Frau den Auftrag erteilte, einen Brief zu schreiben, worin der Vater von Thuis, der sehr krank war, bekennen sollte die Frau seines Sohnes vergiftet zu haben. Diesen Brief sollte sie in die Brieftasche des Vaters legen um nach seinem Tode `entdeckt` zu werden.

Der letzte Strohalm war für Thuis, der inzwischen auch krank geworden war und gepflegt wurde auf der Krankenstation des Zuchthauses, die Hoffnung auf Begnadigung. Nachdem er im Mai 1877 von Seiner Majestät einen zurückweisenden Bescheid erhalten hatte, wurde Thuis nach Leeuwarden überführt, wo er am 4. August des gleichen Jahres starb.

Seinen Kindern wurde laut K. B. vom 1. Dezember 1878, Nr. 13 erlaubt, den so sehr verhassten Familiennamen zu ändern, in den Namen der Mutter, Lankerman.

1. Dezember 1878, No. 13

Wir Willem III, von Gottes

Gnaden, König der Niederlande, Prinz

von Oranien-Nassau, Groß-Herzog von

Luxemburg, usw., usw., usw.

Angesichts der Bittschrift

von Arnoldus Lanker-

man wohnhaft in Elten,

um Unsere endgültige Entscheidung

auf der früher durch ihn ge-

stellten Bitte zur Erlangung

der Erlaubnis für seine

Mündel Maria

Wilhelmina Thuis

Franciscus Johannes

Thuis und Johannes

Arnoldus Thuis um

ihren Geschlechtsnamen Thuis

verändern zu dürfen in

den von Lankerman.

Unter Berücksichtigung des § 64

des Bürgerlichen Gesetz-

buches, sowie der

Ankündigungen des 

Vorbemeldeten Gesuchs, laut

des eingereichten Exemplars

der Niederländischen

Staatszeitung von dem

23. November 1877 und

der Provinziellen Gel-

drischen und Nimwegener

Zeitung vom 21. November

die in diesen Zeitungen

gemacht worden sind

(bezieht sich auf Ankündigungen).

 

Angesichts des Berichtes

von Unserem Minister

der Justiz von dem 25.

Novemb. 1878, 1. Abt. Nr. 132

 

Haben gutbe-

funden und erkannt:

zu genehmigen, indem

Wir hiermit genehmigen,

dass Maria Wilhel-

mina Thuis, Fran-

ciscus Johannes Thuis

und Johannes Arnoldus

Thuis ihren Geschlechtsnamen

Thuis ändern in den

von Lankerman, es wird

der zuständige Standes-

beamte nötigenfalls er-

mächtigt, von diesem Unserem

Genehmigungsentschluß,

von dem ihm von oder

seitens der Beteiligten

eine Abschrift aus-

gehändigt werden wird, die im § 66

des Bürgerlichen Gesetzbuches

gemeinte Einschreibung und

Notiz zu machen.

Unser Minister der

Justiz ist beauftragt mit der

Ausführung von diesem Beschluss,

wovon Abschrift zur Nach-

richt gesandt werden wird

an Unseren Minister

der Finanzen.

Het Loo, den 1. Dezember 1878

gez. Willem

Anmerkung: Het Loo = Königlicher Palast bei Apeldoorn

Ihre Stiefmutter, Leentje van Ditzhuisen, die mit ihrem jungen Kind zurückblieb, heiratete am 3. September 1878 mit dem Schneider Johannes Brinks. Sie schenkte ihm eine große Anzahl Kinder, wovon zwei am Leben blieben.

Seit 1902 war sie wiederum Witwe und verstarb in Zevenaar am 29. August des Jahres 1922.

Quellen:

Zutphensche Zeitung, Jahrgang 1877 (in G. A. Zutphen).

Neu Archiv Zevenaar.

Beilage (Beiblatt) bei der N. Arn. Zeitung`, enthaltend das Urteil wobei Thuis verurteilt worden ist zu lebenslanger Zuchthausstrafe wegen Vergiftung seiner Ehefrau" (1877, G. A. Arnhem, Sammlung Ver Huell, Mappe` Morde).

Hier endet die Übersetzung:

Ein leicht gekürzter Abdruck dieser Übersetzung erschien in den Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Band 41, Jahrgang 91, Heft 1, Januar-März 2003, Seite 12-14.

Das war also der Grund der Namensänderung.

Für mich als Familienforscher nicht gerade eine angenehme Angelegenheit zu erfahren, dass einer meiner Vorfahren seine Ehefrau mit der Absicht ihr das Leben zu nehmen vorsätzlich Rattengift gegeben haben soll.

Bereits einen Tag

nach der Verurteilung

von Johannes Hendricus Thuis

(Ahnenziffer 68.7)

wurde das Hotel

in der Zutphense Courant

(Zutphenschen Zeitung)

zum Verkauf angeboten.

 

Anzeige vom 24. Januar 1877

1996 erschien dieses Büchlein

(82 Seiten DIN A 4)

mit dem Titel

" Moord te Zevenaar in 1874 "

Uitgave: (Ausgabe)

Vincent van den Eijnde

 

Das Büchlein beschreibt den

bereits oben dargestellten

Sachverhalt noch etwas

ausführlicher

 

 

 

 

Zeugen, die in " Moord te Zevenaar in 1874 " Uitgave: (Ausgabe) Vincent van den Eijnde, genannt werden

genannt auf Seite 31 (der 29. Zeuge)

Jan RIKMANSPOEL, Pastor

um 1827 Tubbergen, Provinz Overijssel/NL

10.06.1884 Zevenaar, Provinz Gelderland/NL

So. v. Jannes Rikmanspoel und Janna Velthof

 

 

genannt auf Seite 73

Johannes OVERGOOR, Schoenmaker (Schuhmacher)

um 1840 Gendringen, Provinz Gelderland/NL

18.09.1876 Zevenaar, Provinz Gelderland/NL

25.04.1864 Bergh, Provinz Gelderland/NL

Gerharda Johanna WELMAN

So. v. Gerardus Overgoor und Johanna Smees

genannt auf Seite 61

Hendrina van der HEIJDEN geb. TIMMERMAN

um 1817 Steenderen, Provinz Gelderland/NL

13.10.1876 Zevenaar, Provinz Gelderland/NL

07.06.1850 Zevenaar, Provinz Gelderland/NL

Johann van der HEIJDEN

To. v. Gradus Timmerman und Harmina Tap

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