Siegel und Sphragistik (Siegelkunde)

Aktualisiert am 10.02.2010

Etymologischer Ursprung

Der Begriff "Siegel" entstammt dem Lateinischen "sigillum" (Bildchen, Figürchen) einer Verkleinerungsform von "signum" (Zeichen, Kennzeichen). Im 13. Jahrhundert taucht im Mittelhochdeutschen "sigel" auf, welches entweder aus dem Volkslateinischen "sigillio" abgeleitet, direkt aus dem Lateinischen "sigillum" entlehnt oder aus dem Verb "sigelen" zurückgebildet wurde [1].

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Etymologischer Ursprung
Geschichtlicher Ursprung
Verwendung der Siegel
Quellen

Geschichtlicher Ursprung

Siegel sind seit den frühen Hochkulturen bekannt. In Form des Rollsiegels, einem Siegelzylinder, gab es ihn schon in Mesopotamien (griechisch Mesopotamía: das Zweistromland, gemeint ist die Großlandschaft zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris in Vorderasien, in dem die altorientalischen Babylonischen und Assurischen Reiche entstanden). Seit dem 8. Jahrhundert vor Chr. setzte sich das Stempel-Siegel durch [2].

Die Siegel waren aus hartem Stein, Halbedelstein oder Metall gefertigt [2]. In Halbedelsteine gravierte Siegel werden noch heute in Form von Siegelringen verwendet. Als Siegelstoff diente Wachs, farblos und gefärbt, Metall und seit dem 16. Jahrhundert Siegellack. Siegellack bestand ursprünglich aus Schellack (Naturharz aus dem dunkelroten Ausscheidungsprodukt der Lackschildlaus), Kolophonium (Geigenbogenharz, welches bei der Terpentinölgewinnung entsteht), Terpentin (destilliertes Kiefernharz) und Farbstoffen. Heute werden Kunstharze verwendet [2].

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Die Siegel werden mittels eines Siegelringes oder Siegelstempels, der Petschaft, in den warmen weichen und dann hart erkalteten Siegelstoff gedrückt. Der Begriff "Petschaft" kommt aus dem Slowakischen "pecat" und erscheint bei dem Steiermärker Ulrich von Lichtenstein (gest. 1275) in "verpetschaten" (versiegeln). Die kaiserliche Kanzlei in Prag verbreitete das Wort. Aus Anlehnung an "Schaft" ist das Mitthochdeutsche "petschaft" entstanden [1]. Abbild einer Petschaft als altes Familienerbstück
Die Majetätssiegel zeigten früher das Bild der gekrönten, mit ihren Insignien versehenden, auf dem Thron sitzenden Herrscher. Die weltlichen Fürsten führten ein Reitersiegel. Erst später wurden Wappen als Siegelbilder verwendet [2].  

Verwendung der Siegel

Siegel wurden als Erkennungs- und Beglaubigungszeichen oder als Verschluß von Schriftstücken vor unbefugter Kenntnisnahme oder Verfälschung benutzt [2].

Während bei den Merowingern (fränkisches Königsgeschlecht des frühen Mittelalters) das Siegel noch keine rechtliche Bedeutung hatte, wurde es bei den Karolingern (nach Karl dem Großen, 800 zum Kaiser gekrönt, benannte europäische Herrschergeschlecht) das wichtigste und entscheidendste Beglaubigungsmittel. Seit dem 9./10. Jahrhundert gingen Bischöfe und Äbte, ab dem 11./12. Jahrhundert auch weltliche Fürsten zur Besiegelung ihrer Urkunden über. Dabei kamen bei der Geistlichkeit spitze und bei den Weltlichen runde Siegel zum Einsatz [2].

In Ermangelung anderer geeigneterer Verschlußtechniken wurden früher Briefe versiegelt. Mit Einführung der automatischen Stempel- und Adressenlesemaschinen bei der Briefpost Ende des 20. Jahrhunderts ist die Verwendung mittels Siegellack verschlossener Briefe nicht mehr zu empfehlen, da das Siegel durch die Maschinen zerstört wird.

Heute werden amtliche Siegel in der Regel als Farbstempel oder auch als Klebe-Plaketten (z.B. Zulassungstempel auf dem Kfz-Kennzeichen) verwendet. Bei amtlichen Dokumenten, z.B. Diplomen, ist es noch heute üblich, das Siegel mittels einer Presse in das Dokument zu prägen.

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Abbildung einer Siegelpresse als Familienerbstück

Quellen

 [1] Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 21. Auflage, Walter de Gruyther, Berlin, New York (1975)
 [2] Meyers Großes Taschenlexikon: B.I. Taschenbuchverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich (1992)

 
 


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