Die Fruchtbringende Gesellschaft

 updated: 17.01.2010

Logo Der Fruchtbringenden Gesellschaft, der indianischen "Palm- oder Kokosbaum"

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Gründung der Fruchtbringenden Gesellschaft

Ziel und Statuten der Gesellschaft

Das Köthener Gesellschaftsbuch und seine Funktion

Christian Gueintz und die Fruchtbringenden Gesellschaft

Christian Gueintz' Eintrag im Köthener Gesellschaftsbuch

Quellen

 

 

 

Gründung der Fruchtbringenden Gesellschaft

Die Fruchtbringende Gesellschaft wurde am 24. August 1617 auf Schloss Hornburg - später Wilhelmsburg genannt ­ bei Weimar anlässlich der Beerdigungsfeierlichkeiten der Herzogin Dorothea Maria von Sachsen-Weimar, der Schwester von Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, die beim Reiten tödlich verunglückt war, auf Anregung des Hofmarschalls Kaspar von Teutleben gegründet. Um den Mitgliedern Rückhalt zu bieten, sollte stets ein Fürst das Amt des Oberhaupts innehaben, und so gelangte Ludwig von Anhalt als erster in diese Position. [3]

:Schloss Homburg, der Gründungsort der Fruchtbringenden Gesellschaft

Von den Gründern wurde der deutsche Sprachgebrauch kritisiert, dass es immer mehr Mode wurde, Reden und Texte mit fremdsprachigen Ausdrücken zu versehen. Folgendes Beispiel wird bei Neumark gegeben: "Monsieur mon tres honore frere, hochgeehrter Herr Patron, Seine hohen meriten / dadurch er mich à l' extreme ihm verobligiret / causiren mich / demselben mit diesen Zeilen zu servieren. Mein Devoir hätte unlängsten mir adresse gegeben / solches zu effectuieren; aber aus manquement einiger occasion, habe ich bis dato mein officium re ipsâ nicht præstieren können. ..." [2]

Vorbild waren die im Ausland bereits seit dem 15. Jahrhundert bestehenden Sprachgesellschaften, insbesondere die noch heute bestehende Accademia della Crusca, die 1582 in Florenz gegründet wurde und bei der Fürst Ludwig von Anhalt seit dem 21. Juli 1600 Mitglied war. [3]

Gründungsmitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft waren:
1. Johann Ernst der Jüngere Herzog zu Sachsen-Weimar
2. Friedrich Herzog zu Sachsen-Weimar
3. Wilhelm Herzog zu Sachsen-Weimar
4. Ludwig Fürst zu Anhalt
5. Johann-Casimir Fürst zu Anhalt
6. Dietrich von dem Werder, Obrist
7. Friedrich von Cospoth, Fürstlich Sächsisch-Weimarischer Kammerrat
8. Kaspar von Teutleben, Fürstlich Sächsische-Weimarischer Hofmeister
9. Christoph von Krosig [2]

Gründungsversammlung der Fruchtbringenden Gesellschaft auf Schloss Homburg.

Die Fruchtbringende Gesellschaft war die bedeutendste deutsche Sprachgesellschaft, hatte 890 Mitglieder und bestand bis 1680.

 

 

 

 

Ziel und Statuten der Gesellschaft

Man glaubte, dass die Muttersprache "Uns ganz rein in der ersten Milch / gleichsam eingeträufelt / nachmals aber durch fremdes Wortgepräg / wässerig und versalzen worden". Es galt, die deutsche Sprache wieder ihrer ursprünglichen " und angebohren Teutschen Reinlichkeit" zurückzugeben und sie "von fremd-drückenden Sprachjochen" zu befreien. [2]

Jeder Gesellschafter konnte ein neues Mitglied vorschlagen [3]. Die Gesellschafter mussten sich verpflichten "Erstlich / daß sich ein iedwerder ehrbar- nütz- und ergetzlich bezeigen / und also überall handeln solle / bey Zusammenkunften gütig / fröhlich / lustig und verträglich / in worten und wercken seyn / auch wie dabey keiner dem anderen ein ergertzlich wort für übel zunemen / also sol man sich aller groben verdrießlichen reden und schertzes darbey enthalten. Soll auch den Gesellschaftern vor allen Dingen obliegen / unsere hochgeehrte Muttersprache / in ihren gründlichen Wesen / und rechtem Verstande / ohn Einmischung fremder ausländischer Flikkwörter, so wol im Reden / Schreiben / Getichten / aufs allzier und deutlichste zu enthalten und auszuüben." [2]
Die Gesellschaft wählte als Logo den indianischen "Palm- oder Kokosbaum", weshalb die Gesellschaft auch "Palmorden" genannt wurde. Als Motto gab sie sich: "Alles zum Nutzen".
Auch seine Gesellschafter erhielten bei der Aufnahme in der Regel vom Oberhaupt der Gesellschaft einen Gesellschaftsnamen und eine Pflanze als Sinnbild. Über dem "Gemählde" steht ein Motto - "Das Wort" -, und in einem "Reimgesetz" werden die Eigenschaften der Pflanze erklärt und auf mögliche Affinitäten und Charaktereigenschaften des neuen Mitgliedes hingewiesen. [5

Mitbegründer und erstes Oberhaupt der Gesellschaft, Ludwig Fürst zu Anhalt, trug den Gesellschaftsnamen "Der Nehrende" und wählte als Motto "Nichts Besseres", sowie als Gemählde "Ein Weitzen-Brodt".


Ludwig Fürst zu Anhalt, "Der Nehrende"

Ludwig Fürst zu Anhalt starb 1650, und zu seinem Nachfolger wurde 1651 Herzog Wilhelm IV von Sachsen-Weimar gewählt. Dieser stellte 1652 den bürgerlichen Georg Neumark als Sekretär ein, nahm ihn 1653 in die Gesellschaft auf und erfand für ihn das Amt des "Erzschreinhalters". [3]

Die Kommunikation innerhalb der Gesellschaft erfolgte in der Regel durch Austausch von Briefen. Es sind nur wenige Tagungen von Mitgliedern belegt, die gelegentlich im kleinen Kreis von 10 bis 15 Personen stattfanden. Den Briefen beigefügt war häufig ein Buch, ein eigenes Werk oder das eines Kollegen, das man für empfehlenswert hielt. [3]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Das Köthener Gesellschaftsbuch und seine Funktion

Das dreibändige Gesellschaftsbuch liegt heute im Historischen Museum Köthen. Der erste Band stammt aus dem Jahre 1629 und enthält die Eintragungen und Wappen der der ersten 200 Mitglieder, der zweite der der Mitglieder 201 bis 400 und der dritte der Mitglieder 401 bis 527. Die Vorgänger dieser Gesellschaftsbücher aus den Jahren 1622, 1624 und 1628 waren in ihrer Gliederung nicht so umfangreich. [1]

Für jedes Mitglied waren zwei Seiten mit folgenden Einträgen vorgesehen: Erste Seite: Wappen, Name und Datum des Eintrags. Zweite Seite: Gesellschaftsname, Wort und Gemählde.
Mit ihrem Eintrag erkannten die Mitglieder feierlich die Gesetze der Gesellschaft an. Trotz des Krieges und der Schwerfälligkeit des Verkehrs zu der damaligen Zeit haben von den 527 Gesellschaftern, die von 1617 bis 1649 aufgenommen wurden, 333 eine eigenhändige Einzeichnung vornehmen können, und von 135 weiteren Mitgliedern konnte wenigstens das Wappen beigebracht werden. Nur 59 Eintragungsseiten blieben in den drei Bänden leer. Bei Frühverstorbenen, zwischenzeitlich Entehrten oder von Ludwig nur unwillig aufgenommenen Mitgliedern ist der Grund erkennbar. Aber nicht bei allen 59 Mitgliedern kann der fehlende Eintrag nachvollzogen werden. Bei 126 Mitgliedern fehlt das Wappen. Auch hier gibt es viele Gründe. [1]

 

Christian Gueintz und die Fruchtbringenden Gesellschaft

Wer Christian Gueinzius zur Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft vorgeschlagen hatte, ist nicht bekannt. Er wurde 1641 als 316. Gesellschafter aufgenommen. Als Namen erhielt er "Der Ordnende", als Moto "Jedes an seinem Ort", sowie als Gewächs und Gemälde die Mechoacana, oder auch Chinawurzel [1].

Ludwig von Sachsen-Anhalt hatte Christian Gueinzius bereits 1619 zur Umsetzung der Rachitischen Reformen nach Köthen geholt. Sein Deutsche Sprachlehre Entwurf (Cöthen 1641) zirkulierte seit November 1638 zur Durchsicht und Verbesserung in der Fruchtbringenden Gesellschaft und den alten Mitarbeitern der Köthener Rachitischen Reformen , sowie bei den Gelehrten Buchner und Schottelius , die später in der Fruchtbringenden Gesellschaft aufgenommen wurden. In noch stärkerem Maße wurde "Die Deutsche Rechtschreibung Auf sonderbares gut befinden Durch den Ordnenden verfasset Von der Fruchtbringenden Gesellschaft übersehen und zur nachricht an den tag gegeben (Halle in Sachsen 1645)" zu einem Vorhaben der Gesellschaft. Vor allem die Konkurrenzbestrebungen von Schottelius und Harsdörffer entfachten eine rege Diskussion in der Fruchtbringenden Gesellschaft. [1]

Es ist also zu vermuten, dass Christian Gueintz sich durch diese Arbeit die Aufnahme erarbeitet hat.

Wolfgang Ratke, latinisiert Ratich[ius], * Wilster Kreis Steinburg 18. Oktober 1571, Erfurt + 27. April 1635, deutscher Pädagoge, er legte u.a. 1612 den in Frankfurt a. M. versammelten deutschen Reichsständen ein "Memorial" über die Errichtung einer einheitlichen deutschsprachlichen Schule vor, in der mit einer "natürlichen" Methode unterrichtet werden sollte. [7]

August Buchner, * Dresden 2. November 1591, + Pollendorf bei Wittenberg 12. Februar 1661, Professor der Retorik an der Universität Wittenberg, beschäftigte sich mit der lateinischen Sprache und Literatur. [1]

 

Christian Gueintz' Eintrag im Köthener Gesellschaftsbuch

Auffallend ist das Fehlen jeglichen Eintrags von Christian Gueintz im Köthener Gesellschaftsbuch von 1646. Halle und Köthen liegen nicht so weit entfernt, dass es trotz Wirren des 30-jährigen Krieges möglich gewesen sein müsste, sich im Gesellschaftsbuch einzutragen. [1]

Die Vermutung von Cornermann [Cornermann], dass Gueintz kein Wappen geführt habe, stimmt nachweislich nicht. Im Stadtarchiv Halle liegt ein Brief von Gueintz bereits von 1629 mit seinem Wappen. [6]

Auf der gegenüberliegenden Seite finden wir den Gesellschaftsnamen "Der Ordnende" und das Wort "Jedes an seinem Ort" (bereits in den Ausgaben von 1641 und 1644), Als Gemälde "Mechoacana" (in den Ausgaben von 1641 und 1644) und in der Ausgabe von 1646 eine Nachzeichnung der auch bei Tabernaemontanus erschienenen seitengetreuen Abbildung der "Mechoacana II ... weiß Rhabarbe ... ." Neben der Pflanze eine abgeschnittene Wurzel und im Hintergrund eine Teilansicht der Stadt Halle. [1]

Reimgesetz:
"Mechoacana weis an ihrer wurtzel ist,
Und der Rabarber gleich, die innre glieder bringet
Jn ordnung widerumb, drumb Ordnend mir erkiest
Der Name billich ward, weil men sinn danach ringet,
Zu ordnen unsre sprach', in denen man vergist
Oft aus unachtsamkeit, was sonsten nicht wohl klinget
Noch deren eigen ist: Die Deutsche Sprachlehr' hab'
Jch nun gezeiget vor, wie ihr gebrauch mir gab.
C.G. 1641

Eintrag von Christian Gueintz im gedrucktem Gesellschaftsbuch von 1646

 

Justus Georg Schottel(ius), * Einbeck 23. Juni 1612, + Wolfenbüttel 25. Oktober 1676, deutscher Grammatiker und Schriftsteller, Mitglied der "Fruchtbringenden Gesellschaft" und des "Nürnberger Dichterkreises". Neben seinen weniger bedeutenden lyrischen und dramatischen Dichtungen steht seine Leistung als bedeutender Sprachgelehrter, Grammatiker und Poetiker des 17. Jahrhunderts. Er untersuchte die Etymologie der deutschen Wörter und plante zur Festigung und Reinerhaltung der deutschen Sprache eine normative Grammatik und ein allgemeines Wörterbuch. [7]

 

Georg Phillipp Harsdörf(f)er, * Fischbach bei Nürnberg 1. November 1607, + Nürnberg 17. September 1658, deutscher Dichter, gründete mit J. Klaj den Nürnberger Dichterkreis, schrieb Lieder sowie kleine anekdotische Erzählungen, außerdem eine Poetik, "Poetischer Trichter ...", gesellschaftliche Lebensformen suchte er durch "Gesprächsspiele" zu fördern. [7]

 

Jacob Theodor- Tabernaemontanus, * Bergzabern 1522, + Heidelberg 1590, einer der bedeutendsten pfälzischen Mediziner und Botaniker, wurde als Leibeigner Ditter/Diether (Theodor) geboren, studierte Medizin in Padua, Montpellier und Heidelberg, war Leibarzt des Grafen Phillip II von Nassau-Saarbrücken und des Bischofs von Speyer, bekannt durch Behandlung von Pestkranken und seine Schriften und Bücher, u.a. "New Kräuterbuch" (1588). Quelle: http://www. Kraeter.ch/taberneamontanus.htm (25.12.2003).

 

 

Quellen

 [1] Conermann, Klaus (Edit.): Der Fruchtbringenden Gesellschaft Vorhaben, Namen, Gemählde und Wörter, Faksimile des ersten Bandes des im Historischen Museum Köthen aufbewahrten Gesellschaftbuches Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen, Leipzig (1985).
 [2] Neumark, Georg: Der neu-sprossende teutsche Palmenbaum - Die Fruchtbringende Gesellschaft, Nürnberg (1668), Reprint München (1970)
 [3] Squarr Brigitte: Der erste deutsche Sprachverein Die Fruchtbringende Gesellschaft in Der Lahrer Hinkende Bote aus dem Jahre 2000, Lahr (2000), http://www.lahrer-hinkender-bote.de/art64.html.
 [4] Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen: Die Fruchtbringende Gesellschaft Nahmen / Vorhaben / Gemählde und wörter, Frankfurt (1646).
 [5] Adam, Wolfgang: Im Garten der Palme - Die Fruchtbringende Gesellschaft und ihre Zeit, Herzog August Bibliothek (exhib. catalouge), Wolfenbüttel (1992).
 [6] Gueinzius, Gotthold: Die Queintz, Geschichte einer Familie, Berlin (1979).
 [7]  Meyers Großes Taschenlexikon, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich (1992).

 

 

 

 

 


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