Vortrag D5:

Sonderveranstaltung Bund der Familienverbände e.V.

Familienpflege in Zeiten der Globalisierung

Dirk Weissleder

Genealogische Forschungen fußen auf den historischen Familien unserer Vorfahren. Deshalb dürfte die Bezeichnung als Familiengeschichtsforschung in den allermeisten Fällen wohl zutreffender sein, verfolgt diese vielfach nicht nur direkte Abstammungs-, sondern breite Verwandtschaftsverhältnisse. Neben der Suche nach Daten von Einzelpersonen werden ganze historische Familienstrukturen rekonstruiert. Genealoginnen und Genealogen sollten dabei nicht auf die Betrachtung von quasi Vergangenem beschränkt bleiben, sondern vielmehr den Blick auf die heute lebenden Generationen, Familien und Einzelpersonen richten. Dies schon deshalb, um Resonanz in der eigenen Familie und darüber hinaus zu finden, was die Sinnhaftigkeit eigener Forschungen und die Freude Dritter erhöht. Der Kreis der Interessierten kann sich dabei trotz der heute allenthalben sichtbaren Auflösung familiärer Strukturen noch wachsen, wenn man neben der wirtschaftlichen, technischen und kulturellen auch eine familiäre Internationalisierung („Globalität der Familie“) erkennt: Familie wird heute durch berufliche Kontakte ins Ausland, Partnerschaften mit Personen aus anderen Ländern und durch Ab- und Auswanderung von Angehörigen immer internationaler. Familien tauschen sich heute via Internet über große Distanzen aus und leben die persönlichen Kontakte, so oft es geht.

Der Bund der Familienverbände e.V. (BdF) engagiert sich als Netzwerk aktiver Familienpflege neben Hilfe bei genealogischen Anfragen mit Rat und Tat beim Aufbau von Familienverbänden oder Familienarchiven. „Gelebter Familiensinn“, so das Motto der gemeinnützigen und ehrenamtlichen Vereinigung, verharrt nicht in der Vergangenheit, sondern sucht ganz bewusst den Kontakt zu heutigen Familienmitgliedern, entfernten Verwandten oder zu sonstigen Namensträgern und interessierten Personen. Dies geschieht beispielsweise durch das Veranstalten von Familientagen, auf denen genealogische Forschungsergebnisse präsentiert und Kontakte gepflegt werden. Moderne Familiengeschichtsforschung geht damit weit über ihren genealogischen Kern hinaus und entwickelt sich zur Familienpflege fort. Anhand konkreter Beispiele wird die Bedeutung familienpfllegerischer Strukturen hervorgehoben. Der Bund der Familienverbände nennt diese Strukturen „FamilienBotschaften im globalen Dorf“, die für jeden Interessierten sichtbar und ansprechbar sind. Ziel des BdF ist, Familien mit all ihren Facetten zusammenzuhalten, neue Wege der Familienpflege zu gehen und damit Familienbewusstsein zu stärken.

Der Adel hatte immer schon ein großes Interesse, auch überregionale familiäre und verwandtschaftliche Kontakte zu pflegen. Seit rund 100 Jahren gehen auch immer mehr bürgerliche Familien hierzu über. Besonders interessant ist der aktuelle Vergleich deutscher mit amerikanischen Strukturen der Familienpflege, insbesondere so genannter „Family Reunions“ in den Vereinigten Staaten, die zumeist von Frauen unterstützt werden und bei denen – ganz im Unterschied zu den Strukturen in Deutschland – der Blick und damit die Teilnahme unterschiedlicher Personen beispielsweise von Seitenlinien und angeheirateten Partnern leichter möglich und vielfach eine Selbstverständlichkeit ist. Möglicherweise liegt hierin eine weitere Entwicklung hin zu weltweiter Pflege gemeinsamer Forschungsanstrengungen und persönlicher Kontakte. Familienverbände sind dabei der geeignete organisatorische Rahmen, um den Überblick zu behalten und die Arbeit auf mehrere Schultern zu legen.


Zurück zur Vortragssektion: Aktuelle genealogische Vereinsarbeit




Der 61. Deutsche Genealogentag wird
veranstaltet von
ausgerichtet vom
unterstützt vom