Exkursionen EX2 und Ex6

Burg und Festung Sparrenburg

Andreas Kamm

 

Gaenge unter der Sparrenburg

Sparrenburg-Gewölbe: Kasemattengänge zwischen Schuster- und Marienrondell (16. Jh.)

Die Sparrenburg

Sparrenburg: Ruine des inneren Torhauses

 

 

Die Ursprünge einer Befestigung des Sparrenberges reichen bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts, möglicherweise auch noch weiter zurück. Die Grafen von Ravensberg, eine Famile fast fürstengleichen Ranges, ließ die Spornburg auf einem Höhenausläufer des Teutoburger Waldes erbauen. Sie zählte neben anderen Burgen zum Wohnsitz der gräflichen Familie und sollte zum Einen die Grafschaft, zum Anderen die zu ihren Füßen gelegene, 1214 gegründete Stadt Bielefeld schützen. Die Geschichte von Burg und Stadt sind vielfältig verwoben (seit 1293 Residenzstift).

Über die Baulichkeiten der ältesten Burganlage ist kaum etwas bekannt, da diese in späteren Jahrhunderten immer wieder neuen Gebäuden weichen mussten. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass bei dem umfassenden Ausbau der Sparrenburg zur Festung im 16. Jahrhundert kaum ein Stein der alten Burg auf dem anderen blieb. Ursprünglich teilte eine bis heute erhaltene Mauer die Anlage etwa mittig in Vor- und Hauptburg. Im Mittelpunkt der Mauer und zugleich im Zentrum der Burg steht bis heute der untere Teil des alten Bergfrieds – mit seltenem tropfenförmigen Grundriss. Das 19. Jahrhundert nutzte den teilweise verfallenen Turmstumpf als Sockel für einen neuen Aussichtsturm, von dem heute der Blick weit über Stadt und Umland reicht.

Auf dem Hauptburg-Gelände, im Schatten des Bergfrieds, ist der einst 61 m tiefe Schacht des mittelalterlichen Ziehbrunnens zu sehen; wie eine 2008 durchgeführte Messung ergab, ist er bis auf eine Tiefe von 42 m verschüttet. Die Grafschaft und der Sparrenberg fielen nach Erlöschen der Grafendynastie (1346) an das Haus Jülich-Berg, das die Burg zum Mittelpunkt des neu erworbenen Landes bestimmte und durch Drosten und Statthalter mit zugehörigem Beamtenstab verwalten ließ. Anfang des 15. Jahrhunderts hatte sie zuletzt den Söhnen Herzog Wilhelms von Berg als Residenz gedient.

Eine geschickte Heiratspolitik brachte Herzog Johann III. von Kleve-Mark 1521 in den Besitz der Länder Jülich-Berg und Ravensberg, der damit das größte Territorium im Nordwesten des Reiches in einer Hand vereinigte. Er befahl 1535, die Sparrenburg zu einer Landesfestung auszubauen. Der Festungsbau mit seinen imponierenden Dimensionen umschließt seither den mittelalterlichen Kern wie ein zweiter Mantel: Die etwas unregelmäßige Rechteckform wird gebildet aus vier Langwällen mit kasemattierten, bis zu 20 m hohen Rondellen an den Eckpunkten; ein vorgelagertes Brückenwerk erlaubte über eine Zugbrücke und zwei Torhäuser den Zutritt ins Zentrum der Anlage.

Ein weitverzweigtes Kasemattensystem verbindet und erschließt die Rondelle jeweils paarweise. Die mehrere hundert Meter langen bauzeitlichen Gewölbegänge sind überregional von architekturgeschichtlicher Bedeutung. Teile des Gangsystems mit seiner wehr- und versorgungstechnischen Ausstattung können während der Führung begangen und vorgestellt werden (u.a. Backstube, Zisternen- und Verteileranlage, Geschützstände, Toranlage mit Schüttvorrichtung).

Rechnungen, Bau- und Verwaltungsakten nennen zur Zeit des Festungsbaus von einer Vielzahl zweifellos vorhandener Bauten und Räume nur Küche, Gefangenenturm, Backhaus, Ross- und Pulvermühle, die Kammer des Landrentschreibers, eine „monnekekammeren“ und einen Pferdestall; erst ein Jahrhundert später erfahren wir mehr über die ungefähre Anzahl und Nutzung der Räumlichkeiten; ihre Aufteilung und Ausstattung bleibt jedoch bis auf Ausnahmen unbekannt. Dafür können wir anderen Fragen nachgehen: Wer hat auf dem Sparrenberg zu verschiedenen Zeiten gewohnt und gearbeitet? Wie stark waren die Besatzungen? Welche Lebensmittel wurden in der Küche verarbeitet, wo wurden sie gelagert? Wie oft wurde das Turmverlies gereinigt? Welche Waffen hatte die Besatzung zur Verfügung? Mit der Planung der großen vorspringenden Eckbastion, dem „Scherpentiener“ (1556) ist der Name des berühmten Bologneser Architekten Alessandro Pasqualini verbunden, der drei Jahre nach seiner Ankunft hier in Bielefeld verstarb. Die 28 m hohe Bastion ist sicher das beeindruckendste Element der ganzen Festung. Erst im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, rund 50 Jahre nach Beginn der – mehrfach unterbrochenen – Arbeiten, war der Festungsbau erst vollendet.

Für das Ravensberger Land stand die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts ganz im Zeichen des jülich-klevischen Erbfolgestreits und des 30-jährigen Krieges, der u.a. Besatzungen und Belagerungen u.a. durch niederländische, schwedische und spanische Truppen mit sich brachte und den weiteren Ausbau der Festung durch Stein- und Erdwälle, Gräben und Schanzen zur Folge hatte. Die kriegerischen Auseinandersetzungen endeten in Ravensberg 1647: Der Düsseldorfer Vertrag überwies die Grafschaft mit dem Sparrenberg an Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg; der Große Kurfürst residierte mit Frau und Hofstaat mehrfach auf der Festung, zwei seiner Kinder sind hier zur Welt gekommen. Eine im Jahr der Regierungsübernahme angefertigte Aufzählung der Gemächer benannte 71 Wohnräume, doch blieb von den Baulichkeiten bis auf die genannten Gangsysteme, den Sockel des Bergfrieds und Reste des äußeren und inneren Torhauses im Aufgehenden kaum etwas erhalten. Seit 2007 finden auf dem Festungsgelände notwendige Entwässerungsarbeiten zum Schutz der Festungsmauern statt, in deren Zuge neben zahlreichen anderen großflächigen Befunden die Fundamente eines großen renaissancezeitlichen Gebäudes und eine nahezu unversehrte Rondell-Plattform zu Tage traten, die von Archäologen schon teilweise freigelegt wurden. Die Führung wird auch einen Rundgang über das Festungsgelände beinhalten, wo näher auf die Grabungsarbeiten eingegangen werden kann, außerdem ist es möglich, den 37 m hohen Turm zu besteigen: Von oben kann man sich besonders gut einen Überblick auf die freigelegten Grundmauern verschaffen.


EX2: Freitag, 15-17 Uhr
EX6: Samstag, 14-16 Uhr


Abbildungen Sparrenburg mit freundlicher Genehmigung von Andreas Kamm. Entnommen der Publikation: Sparrenburg. Burg – Festung – Wahrzeichen (12. Sonderveröffentlichung des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg e.V.), tpk-Regionalverlag, Bielefeld 2007.




Der 61. Deutsche Genealogentag wird
veranstaltet von
ausgerichtet vom
unterstützt vom