Die Industrialisierung des Textilgewerbes in Minden-Ravensberg und im Westmünsterland

PD Dr. Karl Ditt

Innerhalb der preußischen Provinz Westfalen gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit den Wirtschaftsregionen Minden-Ravensberg und dem Westmünsterland zwei Räume, deren vorindustrielle Struktur durch die Dominanz des Leinengewerbes geprägt war. Noch zur Jahrhundertmitte waren 40-50 v.H. der Erwerbstätigen in Industrie und Handwerk im Textilgewerbe beschäftigt; das Westmünsterland zählte etwa ein Drittel mehr Spinner und Weber als Minden-Ravensberg. Während das westliche Westfalen frühzeitig von der Leinen- zur Baumwollspinnerei und –weberei überging, verblieb das östliche Westfalen weitgehend bei der Leinenherstellung.

In beiden Regionen erfolgte um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine Mechanisierung des Textilgewerbes. Sie machte das Westmünsterland vor allem im Verlauf des 20. Jahrhunderts neben dem Rheinland, Sachsen sowie bayrischen und württembergischen Gebieten zu einer der bedeutendsten Baumwollregionen, Minden-Ravensberg nach Oberschlesien zu einer der bedeutendsten Leinenregionen des Deutschen Reichs. Im Unterschied zum Westmünsterland, das bis weit in das 20. Jahrhundert hinein durch eine monostrukturelle Industrialisierung geprägt war, differenzierte sich die Industriestruktur in Minden-Ravensberg bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in breitem Maße. Die in den 1960/70er Jahren einsetzende Strukturkrise der Textilindustrie in der Bundesrepublik Deutschland hatte deshalb im Westmünsterland ungleich schärfere Konsequenzen für die erwerbstätige Bevölkerung als in Minden-Ravensberg.

Der Vortrag soll generell die Ursachen der erfolgreichen Textilindustrialisierung und der unterschiedlich breiten Industrialisierung in beiden Wirtschaftsregionen untersuchen sowie speziell die Frage behandeln, welchen Anteil die Unternehmer an diesen regionalen Wirtschaftsentwicklungen hatten.

---

Zurück zu Vorträge im Themenblock: Genealogie und Industriegeschichte